Zehn Jahre Corporate Governance Kodex in Österreich: Ziele klar verfehlt

Wien (APA-ots) – „Freiwillige Benimmregeln für börsenotierte Firmen nützen nichts, wenn sich praktisch niemand daran hält“, sagt AK Betriebswirtschaftsexperte Heinz Leitsmüller zum heurigen Zehn-Jahres-Jubiläum des Corporate Governance Kodex in Österreich. Eine AK Studie zeigt: In der Ära des Kodex jagte ein Unternehmensskandal den anderen, die Managergehälter stiegen und stiegen, und der Frauenanteil in den Vorständen und Aufsichtsräten ist nach wie vor niedrigst. Statt auf Freiwilligkeit zu setzen, fordert die Arbeiterkammer verbindliche Regeln. Nötig sind wirksame Maßnahmen gegen allfällige Korruption. Die Managergehälter sollen an Kriterien wie Angemessenheit und Nachhaltigkeit ausgerichtet werden. In den Aufsichtsräten soll eine Frauenquote von 40 Prozent gelten.

Seit 2002 soll der Corporate Governance Kodex mehr Transparenz, Qualität und Vertrauen auf dem Kapitalmarkt bewirken. „Aber nicht einmal die Korruptions- und Börsenskandale der letzten Zeit waren für den Arbeitskreis zum Kodex ein Anlass, um rasch wirksame Maßnahmen vorzuschlagen“, kritisiert Leitsmüller. Geändert worden sei der Kodex in der Regel nur, wenn es wegen Gesetzesnovellen oder EU-Richtlinien nötig war. Ansonsten zeigt sich nach zehn Jahren nach wie vor die Unwirksamkeit des Kodex.

16 Prozent der Unternehmen (11 Gesellschaften) bekennen sich auch im Jahr 2012 nicht zum Kodex, etwa Porr, A-Tec Industries oder Ottakringer. Nur drei Unternehmen (Do&Co, voestalpine, Wienerberger) halten sich an alle Kodex-Empfehlungen und an Maßnahmen zur Frauenförderung. Die überwiegende Mehrheit (93 Prozent) weicht zumindest in einem Kodex-Standard ab.

An der gesamten Wiener Börse sind 290 Nichteinhaltungen von Empfehlungen festzustellen, die Bandbreite reicht bis zu 16 Abweichungen pro Unternehmen. Sogar im Prime Market ignoriert jedes der Unternehmen im Schnitt knapp mehr als drei Empfehlungen.

Am häufigsten missachten die Unternehmen die Empfehlung zur individuellen Angabe der Vorstandsvergütung (sechs von zehn). Die freiwillige Verpflichtung zu angemessener, an Nachhaltigkeit orientierter Vorstandsvergütung umgehen vier von zehn Unternehmen. Ein Drittel weigert sich überhaupt, die Grundsätze der Vergütung zu nennen.

Zudem sind im September 2012 in der gesamten Unternehmensbreite der Wiener Börse nur fünf Frauen (3 Prozent) im Vorstand vertreten, lediglich 11 Prozent der AufsichtsrätInnen sind weiblich.

Die Arbeiterkammer verlangt statt freiwilliger Selbstverpflichtug verbindliche Regeln für die Unternehmen. Aktuellen Handlungsbedarf sieht sie vor allem in vier Punkten:

+ wirksame Maßnahmen gegen Korruption; + Unabhängigkeit der Kontrolleure stärken: klare Trennung von Beratung und Bilanzprüfung bei den WirtschaftsprüferInnen, externe Rotation; + „neue Werte“ für die Vorstandsvergütung: Ausrichtung der Kriterien nach den Prinzipen Angemessenheit und Nachhaltigkeit; + Einführung einer Frauenquote von 40 Prozent für den Aufsichtsrat.

Rückfragehinweis: AK Wien Kommunikation Peter Mitterhuber Tel.: (+43-1) 501 65-2347 mailto:peter.mitterhuber@akwien.at http://wien.arbeiterkammer.at

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