Manager-Rekordgehälter wie das von VW-Chef Martin Winterkorn – knapp 18 Mio. Euro – sind nicht nur in den Belegschaften umstritten. Die Regierungskommission diskutiert erneut eine Deckelung der Vorstandsbezüge in börsennotierten Unternehmen.
Die Vorstände der börsennotierten deutschen Firmen müssen mittelfristig damit rechnen, dass zu einer guten Unternehmensführung auch eine Deckelung ihrer Vergütungen gehören könnte. Die zuständige Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex hat beschlossen, sich die Höhe der Vorstandsgehälter noch einmal vorzuknöpfen. Schon jetzt stärkte das Gremium mit einigen Änderungen im Kodex die Unabhängigkeit der Aufsichtsräte.
Späte Empfehlung moniert
Die Kommission greift mit dem Vorstoß bei Vorstandsgehältern einen Vorschlag ihres Vorsitzenden und
Commerzbank-Aufsichtsratschefs Klaus-Peter Müller auf. „Wir wollen darüber ausführlich beraten, Experten hören und keinen Schnellschuss auf Basis einer Tischvorlage abliefern“, sagte Müller am Mittwoch. Er reagierte damit auf Kritik seines Kommissionskollegen, DGB-Vorstandsmitglied Dietmar Hexel. Dieser hatte moniert, dass die Kommission nicht schon jetzt eine Empfehlung abgegeben hat, wonach die Aufsichtsräte die Gesamtvergütung ihrer Vorstände verbindlich einer Obergrenze unterwerfen. Hexel hatte vorgeschlagen, die maximale Höhe auf ein Mehrfaches des durchschnittlichen Einkommens im Betrieb zu begrenzen.
In diesem Jahr hatte die Vergütung zwar nicht auf der Agenda der Kommission gestanden. Allerdings hatte das Rekordgehalt von VW-Chef Martin Winterkorn von fast 18 Mio. Euro zuletzt Fragen zur Verhältnismäßigkeit aufkommen lassen. Kommissionschef Müller sagte, er selbst habe in einem Brief an die Aufsichtsratschef der DAX-Konzerne die Diskussion in Gang gesetzt. „Wir wollen abwarten, welches Echo dieser Brief zeitigt“, sagte er. „Ich hoffe, dass die Politik den Unternehmen Zeit und Raum lässt zu reagieren.“ Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) plant nach früheren eigenen Angaben aktuell keinen gesetzlichen Eingriff.
Unabhängigkeit gestärkt
Schon jetzt beschloss die Kommission zahlreiche Änderungen am deutschen Kodex und stärkt vor allem die Unabhängigkeit der Aufsichtsräte. Dabei habe sie viele Anregungen aus den mehr als 70 Stellungnahmen berücksichtigt, die sie im Rahmen der Konsultation erhalten hat, so Müller. In einem neu formulierten Passus heißt es nun: „Dem Aufsichtsrat soll eine nach seiner Einschätzung angemessene Anzahl unabhängiger
Mitglieder angehören.“ Die Zahl sowie die Fortschritte bei der Umsetzung sollen im Corporate-Governance-Bericht veröffentlicht werden.
Ziel ist es etwa, in Firmen, die von einem Großaktionär beherrscht werden, ein Gegengewicht zu schaffen, wie Kommissionsmitglied Theodor Baums erläuterte. Großaktionäre sollen erkennen, dass sie in einem Unternehmen nicht alleine bestimmen. Halte sich eine Firma nicht an diesen Grundsatz, müsse sie dies der Öffentlichkeit mitteilen und begründen. Das könnte etwa VW mit Großaktionär Piëch bevorstehen.
Ein Aufsichtsratsmitglied sei besonders dann nicht als unabhängig anzusehen, wenn es in einer persönlichen oder geschäftlichen Beziehung zu der Gesellschaft, deren Organen, einem kontrollierenden Aktionär oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen stehe. Weitere Voraussetzung sei, dass sich aus der Verflechtung ein nicht nur vorübergehender Interessenkonflikt begründen kann.
Auch dem Trend zu Fixgehältern bei Aufsichtsräten trug die Kommission Rechnung: Sie änderte den Kodex so, dass er variable und feste Vergütungen zulässt. Werden erfolgsorientierte Gehälter bezahlt, sollen sie allerdings auf eine „nachhaltige Unternehmensentwicklung“ ausgerichtet sein, empfiehlt die Kommission.
Doris Grass und Sarah Speicher-Utsch: http://www.ftd.de/politik/deutschland/:managergehaelter-gehaltsexzesse-auf-dem-kieker/70038767.html